Die etwas anderen Berliner Freimaurer

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Brüder,

es ist ein grauer regnerischer Tag in einem grauen unruhigen Land. 27 freie Männer von gutem Ruf sind an diesem 12. April 1919 zusammengekommDie etwas anderen Berliner Freimaureren, eine neue Loge zu gründen. Berlin ist ein gefährlicher Ort. Beim Spartakusaufstand im Januar und bei den sog. Märzkämpfen in Lichtenberg waren Menschen zu tausenden ums Leben gekommen. Freikorps, Regierungstruppen und die Volksmarinedivision – linke und rechte Gruppierungen bekämpfen sich bis auf Messer. Ausgang ungewiss, bei – im April – deutlichen Vorteilen für die konservativen Kräfte.

Immer wieder mag einem angesichts dieses Umstands der Gedanke durch den Kopf schießen, ob die Brüder denn damals wirklich nichts Besseres zu tun gehabt hätten als in den Kriegs- und Nachkriegswirren ausgerechnet eine neue Loge zu gründen?

Nein, ganz im Gegenteil – sie haben genau das Richtige getan. Denn sie wussten als gestandene Maurer, die sie ja alle waren, um die Kraft der Freimaurerei. Sie wussten um die Stärke der Bruderschaft, sie wussten um den Grundkonsens aller Brüder und sie wussten, dass sie ihren Brüdern unbedingt würden vertrauen können. Und das ist nicht nur in schweren Zeiten schon eine ganze Menge.

Dieser Grundkonsens der gemeinsamen Arbeit am rohen Stein bestimmt auch 100 Jahre später das Logenleben. Nicht nur bei unseren „Harzreisen“ wird das unbedingte Gefühl einer Bruderschaft deutlich. Man wird als Bruder auch bei anderen Logen herzlich an- und aufgenommen, hat eine ähnliches Werte- und Traditionsgefüge und geht brüderlich und freundlich miteinander um.

Weltweit gibt es wohl mehr als sechs Millionen Freimaurer und damit auch mindestens sechs Millionen Geheimnisse. Wir Lilienbrüder versuchen gemeinsam, und doch jeder auf seine ganz individuelle Art, den rohen Stein zu behauen und dem großen Geheimnis wieder ein Stück näher zu kommen – gestern, heute und sicher auch morgen.

Ihre Lilienbrüder